Das THG trifft Zeitzeugin Eva Erben
Nach zwei Jahren Corona-Pause konnte die Schulgemeinschaft des Theodor-Heuss-Gymnasiums erstmals wieder einen Tag des Erinnerns und Gedenkens durchführen. Der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, der im Jahr 2005 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde, wird alljährlich am 27. Januar begangen und erinnert damit an den Befreiungstag des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau im Jahr 1945. Ziel des Gedenktages ist es vor allem, dass sich Schülerinnen und Schülern mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit und im Speziellen mit dem Thema Holocaust beschäftigen. In diesem Schuljahr bot sich für die Klassenstufen 10 und 11 sowie die Jahrgangsstufe 1 und 2 des THG die besondere Gelegenheit, mit der Zeitzeugin Eva Erben ins Gespräch zu kommen.
Eva Erben wurde im Jahr 1930 geboren und wuchs als Kind jüdischer Eltern in Prag auf. Nach der Deportation 1941 nach Theresienstadt und 1944 ins Konzentrationslager Ausschwitz überlebte sie auch den Todesmarsch kurz vor Ende des Krieges. Mit ihrem späteren Ehemann wanderte sie 1949 nach Israel aus, wo sie noch heute lebt.
Im Hörsaal der Hochschule Aalen hatten sich neben den zahlreichen Schülerinnen und Schülern sowie Studentinnen und Studenten auch Oberbürgermeister Frederick Brütting, Prof. Dr.-Ing. Heinz-Peter Bürkle, Prorektor der Hochschule Aalen, sowie Gottfried Bühler von der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem eingefunden. In seinen einführenden Worten betonte Dr. Christoph Hatscher, Schulleiter des THG, die allgemeine Bedeutung des Gedenktages, der an den „tiefsten Punkt in der deutschen Geschichte“ erinnere. Er bedankte sich bei der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem, aber vor allem bei Eva Erben, die den weiten Weg auf sich genommen habe, um ihre Erinnerungen mit den jungen Menschen zu teilen. Auch Oberbürgermeister Brütting hieß Frau Erben im Namen der Stadt Aalen herzlich willkommen und lobte das THG dafür, dass es in der heutigen Zeit Haltung zeige. Auch in Aalen hatten jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Zeit des Nationalsozialismus mit Anfeindungen zu kämpfen. Brütting verwies auf jüdische Geschäftsleute, an deren Schicksal heute Stolpersteine in der Aalener Innenstadt erinnern, bei deren Verlegung das THG ebenfalls beteiligt war. Bevor sich Eva Erben an die Zuhörerschaft wendete, begrüßte Prof. Dr.-Ing. Heinz-Peter Bürkle die Anwesenden an der Hochschule und betonte, dass eine solche Veranstaltung maßgeblich dazu beitrage, die Wahrnehmung zu schärfen und die Verantwortung zukünftiger Generationen wachzuhalten, um jeder Form von Antisemitismus entgegentreten zu können.
Eva Erben schloss an diese einführenden Worte an und nannte den Antisemitismus eine „chronische Krankheit“, die eine lange Tradition habe. Trotzdem herrschte nach der Besetzung der Tschechoslowakei 1939 durch die deutsche Wehrmacht in ihrer Familie lange Zeit die Hoffnung, dass sich alles schnell wieder normalisiere. Auch ihre späteren Erlebnisse in den Konzentrationslagern Theresienstadt und Auschwitz waren immer wieder von Momenten geprägt, die sie all das Leid ertragen ließen. So erzählte sie den von ihren Erzählungen gefesselten Schülerinnen und Schülern davon, wie ein Kommandant im Arbeitslager ihr ein Paar passende Schuhe organisierte, die auch dazu beitrugen, ihr Überleben auf dem Todesmarsch zu gewährleisten. Die Begegnung mit einem desertierten Soldaten und die Aufnahme durch ihre tschechischen Retter hätten ihr geholfen, den Glauben an die Menschlichkeit nicht zu verlieren. Es sei schwer, ein Leben von über 90 Jahren in eine Stunde zu packen, versicherte sie dem sichtlich bewegten Publikum. Deshalb ermunterte sie die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer eigene Fragen zu stellen, um darüber ins Gespräch zu kommen. Von Laura Lindenberger, Schülerin der Jahrgangsstufe 2, moderiert, folgte die Schülerschaft zahlreich dieser Aufforderung. Die Fragen bezogen sich vor allem auf die Verarbeitung ihrer Erlebnisse im Konzentrationslager und ihrem Verhältnis zu Deutschland in der Nachkriegszeit. Auch wenn Eva Erben 40 Jahre lang kein Deutsch gesprochen habe, sei es ihr nun wichtig, mit jungen Menschen in Deutschland ihre Erlebnisse zu teilen. Es sei von großer Bedeutung, daran zu erinnern, dass Andersartigkeit keinen Grund darstellt, Menschen zu hassen oder zu vernichten. „Wir alle sterben, aber wichtig ist, was von uns bleibt“, lautete Eva Erbens abschließende Botschaft. Nach einem kräftigen Applaus und dem Überreichen von Geschenken nutzten auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, mit der Zeitzeugin in den Austausch zu treten.